Wie zwei Signalwege die Entstehung der Blut-Hirn-Schranke fördern
MTZ®-MPI-Award 2018 an Dr. Kathleen Hübner
Am 08. November 2018 ehrt die MTZ®stiftung Dr. Kathleen Hübner. Sie hat in der Forschungsgruppe von Professorin Dr. Wiebke Herzog am Max-Planck-Institut (MPI) für molekulare Biomedizin eine bedeutsame Doktorarbeit über die Entstehung der Blut-Hirn-Schranke absolviert. Seit 2009 ehrt die MTZ®stiftung jährlich junge Wissenschaftler am MPI für molekulare Biomedizin mit dem MTZ®-MPI-Award, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Das Stifterehepaar Monika und Thomas Zimmermann möchte auf diese Weise junge Menschen auf ihrem Weg in der Forschung unterstützen.
Um jeden Tag erneut Höchstleistungen zu vollbringen, benötigt unser Gehirn Sauerstoff und Nährstoffe. Zusätzlich müssen empfindliche Nervenzellen vor Schadstoffen und Infektionserregern geschützt werden. Um diese besonderen Funktionen im Gehirn zu erfüllen, entwickeln die für den Stoffaustausch verantwortlichen Blutgefäße des Gehirns eine spezielle Schutz-Barriere, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. Dabei bilden die einzelnen Zellen der Blutgefäße zum einen besonders stabile Zell-Zell-Verbindungen untereinander aus und zum anderen produzieren sie spezielle Nährstoff-Transportmoleküle, um die Versorgung der Nervenzellen trotz dieser Barriere sicher zu stellen.
Eine Schädigung oder Fehlfunktion der Blut-Hirn-Schranke wird häufig bei Erkrankungen des Nervensystems beobachtet, unter anderem bei Multipler Sklerose, Alzheimer oder Epilepsie. Gleichzeitig kann eine funktionale Blut-Hirn-Schranke eine Therapie von Erkrankungen behindern, weil manche Medikamente nicht durch sie hindurch gelassen werden. Daher ist es wichtig, die Prozesse der Entstehung und Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke zu verstehen. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sich Kathleen Hübner durch die Analyse von Zebrafisch Embryonen sowohl mit dem Wachstum des Gefäßnetzwerkes als auch mit der Ausbildung der Blut-Hirn-Schranke beschäftigt.
„Ein Signalweg, der für die Bildung der Blutgefäße im Gehirn notwendig ist, ist der sogenannte Wnt Signalweg. Fehlt er von Beginn an, können keine Endothelzellen in das Gehirn einwandern und dort Gefäße bilden“, sagt Kathleen Hübner. Bisher ist jedoch unklar, warum speziell im Gehirn Wnt Signale so essenziell für das Verhalten der Endothelzellen sind und welche Prozesse von Wnt gesteuert werden.
„In Zebrafisch-Embryonen konnte ich Wnt Signale dynamisch blockieren und erstmalig den Effekt auf das Verhalten der Endothelzellen im Gehirn beobachten. Ich konnte so zeigen, dass der Wnt Signalweg für die „Anastomose“ von Endothelzellen im Gehirn notwendig ist, also für die Herstellung von Zell-Zell-Kontakten und deren Verbindung zu einem neuen Blutgefäß“, sagt Kathleen Hübner.
In diesem Zusammenhang wird durch Wnt in den Endothelzellen ein weiterer, über Sphingosine-1 Phosphat (S1p) vermittelter, Signalweg unterdrückt, der erst später für die Blut-Hirn-Schranke gebraucht wird. „Der Wnt Signalweg steuert in den Endothelzellen im Gehirn also den Zeitpunkt für die Ausbildung der Blut-Hirn-Schranke, da er in den Endothelzellen den S1p Signalweg solange unterdrückt, bis die Bildung des Blutgefäßes abgeschlossen ist“, erläutert Kathleen Hübner.
Bereits heute werden Medikamente in der Klinik angewandt oder in klinischen Studien getestet, welche entweder in den Wnt oder S1p Signalweg eingreifen. Ein besseres Verständnis dafür, wie sie die Entwicklung der Blutgefäße und der Blut-Hirn-Schranke beeinflussen, könnte in Zukunft auch helfen zu entscheiden, bei welchen individuellen Diagnosen eine Anwendung dieser Medikamente bei Patienten ratsam oder abzulehnen ist.
Zur Person
Kathleen Hübner (28) absolvierte in der Regelzeit von 6 Jahren ihren Bachelor und Master in Humanbiologie an der Philipps-Universität Marburg und verbrachte in dieser Zeit ein Semester für ein Forschungspraktikum an der Harvard Medical School in Boston, USA. Dabei interessierte sie sich von Anfang an speziell für die Zellbiologie. In direktem Anschluss an ihr Studium begann sie in März 2015 ihre Doktorarbeit bei Prof. Dr. Wiebke Herzog. Im August 2018 legte sie erfolgreich die Doktorprüfung mit dem Prädikat summa cum laude ab. Kathleen Hübner hat neben der jetzt veröffentlichten Studie in Nature Communications eine zweite Publikation als Erstautorin in Developmental Biology und ist Mitwirkende in einer Publikation in der angesehenen Zeitschrift Blood.
Ihre Exzellenz zeigte sich schon früh in ihrem Werdegang: Kathleen Hübner gewann an ihrem Gymnasium in Görlitz den Preis als Jahrgangsbeste, sie wurde für die CiM-IMPRS Graduiertenschule auserwählt, sie ergatterte ein Deutschlandstipendium, welches an begabte Studierenden vergeben wird, und zweimal wurde ihr Konferenzbeitrag ausgewählt, um als Vortrag dargestellt zu werden.