Biomedizinische Forschung am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin

Die Biomedizin ist ein modernes, schnell fortschreitendes und interdisziplinäres Forschungsgebiet, das Themen von medizinischer Relevanz mit einer Kombination von Methoden wie Molekularbiologie, Genetik, Zellbiologie und Bioinformatik untersucht. Unsere Forscherinnen und Forscher am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin betreiben Grundlagenforschung in mehreren dieser Disziplinen.

So werden unter anderem die Migration weißer Blutkörperchen, sogenannter Leukozyten, und die Barriere-Eigenschaften von Zellen der Blutgefäße bei Wirbeltieren untersucht. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den molekularen Mechanismen, die dafür sorgen, dass Leukozyten im Blutgefäß an einem Entzündungs- oder Infektionsherd anhalten und die Blutbahn verlassen, um im angrenzenden Gewebe einzugreifen. Wichtige Erkenntnisse werden hierbei unter anderem mit genetisch veränderten Mäusen gewonnen, um zu verstehen, wie das Auswandern von Leukozyten durch das Fehlen bestimmter Genprodukte beeinflusst wird. Tierversuche liefern somit wichtige Einblicke in grundlegende Aspekte der Immunüberwachung und entzündlicher Prozesse.

Auch die Bildung von Blutgefäßen ist ein prominentes Forschungsthema an unserem Institut. Konkret wird erforscht, wie das Blutgefäßsystem während der Entwicklung von Wirbeltieren wächst und dabei ein komplexes Netzwerk aus Arterien, Kapillaren und Venen bildet. Zellen des Blutgefäßsystems steuern unter anderem auch wichtige Prozesse in verschieden Organen, wie z.B.  die Bildung von Knochen im Skelettsystem. Dabei spielen das Zusammenspiel von Gefäßzellen mit mehreren anderen Zelltypen und Blutfluss wichtige Rollen, weshalb auch Versuchstiere und nicht nur zellbiologische Verfahren eingesetzt werden. Ziel dieser Forschung ist es, zu verstehen, wie Signale von Blutgefäßen die Heilung von Knochenfrakturen oder den Verlust von Knochen bei Alterungsprozessen und Osteoporose beeinflussen. Ein detaillierteres Verständnis dieser molekularen und zellulären Prozesse eröffnet auch neue Möglichkeiten zur Entwicklung therapeutischer Anwendungen.

Die Haut von Wirbeltieren bildet eine wichtige biologische Barriere, die uns vor schädlichen Einflüssen von außen und dabei beispielsweise dem Eindringen von infektiösen Keimen schützt. Haut besteht aus verschiedenen Schichten, die während des gesamten Lebens ständig erneuert werden. Dies wäre ohne Stamm- und Vorläuferzellen in der sogenannten Basalschicht und in Haarfollikeln nicht möglich. Daher erforschen wir mit einer Kombination aus Zellkulturverfahren und Tierversuchen, wie das Verhalten von Stammzellen durch molekulare Signale, mechanische Einflüsse und die Gewebearchitektur gesteuert wird. Erkenntnisse aus dieser Forschung können dazu beitragen, therapeutische Verfahren zu entwickeln, die den Verlust der Barrierefunktion der Haut durch Krankheiten oder Alterungsprozesse verhindern.

Alternativen zu Tierversuchen

Erkenntnisse aus Tierversuchen und anderen Experimenten führten im Jahr 2006 dazu, dass Forscher in der Lage waren, ausgereifte Körperzellen zu pluripotenten Stammzellen zu reprogrammieren. Diese Entwicklung hat die Stammzellforschung revolutioniert: Solche reprogrammierten Stammzellen (induzierte pluripotente Stammzellen, kurz: iPS-Zellen) können in vielerlei Weise den Einsatz von embryonalen Stammzellen vermeiden. Sie können vor allem dafür verwendet werden, Krankheiten quasi in die Kulturschale zu bringen. Denn aus iPS-Zellen lassen sich patientenspezifische Zelllinien gewinnen, die als Krankheitsmodelle dienen können. Das ist vor allem für Erkrankungen interessant, für die es keine geeigneten Tiermodelle gibt, wie z. B. für die Parkinson-Krankheit.

Schon in 2014 wurden Forscher des Max-Planck-Institutes für molekulare Biomedizin mit dem Tierschutzforschungspreis vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die Entwicklung wissenschaftlicher Alternativmethoden zu Tierversuchen ausgezeichnet. Die Forscher nutzten iPS-Zellen, um ein Modellsystem für Parkinson zu etablieren.

Peter Reinhardt mit Tierschutzforschungspreis 2014 ausgezeichnet
Forschung an Stammzellen trägt dazu bei, Tierversuche zu vermeiden mehr

Forscher können nun mit der iPS-Zell-Technologie dreidimensionale organähnliche Gewebe-Aggregate (Organoide) beispielsweise zur Erforschung der Parkinson-Krankheit erzeugen. Organoid-Forschung ist daher eine Alternativmethode zu Tierversuchen: sie kann bestimmte Tierversuche ersetzen und sie kann mitunter sogar Erkenntnisse hervorbringen, die für Patienten relevanter sind, da menschliche Zellen statt Tierzellen verwendet werden. Außerdem können potentielle Wirkstoffe zur Linderung oder Heilung einer Erkrankung direkt in den Organoiden an menschlichen Zellen getestet werden.

Auch in 2021 erhielt ein Forscherteam am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin den Tierschutzforschungspreis des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Die Wissenschaftler entwickelten ein Verfahren, das dazu beiträgt, die Anzahl der Tierversuche in der Medikamentenentwicklung zu verringern. 

Tierschutzforschungspreis 2021 für Max-Planck-Forscher
Auszeichnung für die maschinelle Herstellung und Analyse von menschlichen dreidimensionalen Geweben für die Arzneimittel- und Toxizitätsforschung mehr

Am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin beschäftigt sich eine Projektgruppe speziell mit Organoid-Forschung als Alternative zu Tierversuchen.

"Wir brauchen noch Tierversuche für die Forschung"
Max-Planck-Forschende, unter ihnen Hans Schöler, erklären, warum Tierversuche für die Grundlagenforschung nötig sind mehr
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