Mit Plattwürmern zum besseren Verständnis der Regeneration
Max-Planck-Forschungsgruppenleiterin Kerstin Bartscherer erhält renommierten "ERC Starting Grant" des Europäischen Forschungsrates
Mit einem interdisziplinären Ansatz will die Max-Planck Forschungsgruppenleiterin Dr. Kerstin Bartscherer untersuchen, wie die Regeneration von verletzten oder verlorengegangenen Körperteilen aktiviert werden kann. Das Projekt wird mit 1,5 Millionen Euro für fünf Jahre gefördert. Hochmoderne Techniken und eine einzigartige Kombination von Tiermodellen werden Aufschluss darüber geben, wie Regenerationsprozesse in Tieren induziert werden, die viel besser regenerieren können als der Mensch. Hauptakteure in der prestigeträchtigen Forschung sind Plattwürmer – sie sind wahre Regenerationskünstler und können innerhalb weniger Tage einen ganzen Kopf nachwachsen lassen. Das Forschungsprojekt soll wichtige Impulse für die regenerative Medizin liefern.
Einige Tiere sind wahre Meister der Regeneration: sie können Körperteile nach Amputation neu bilden, eine Fähigkeit, die darauf beruht den Verlust von Geweben zu erkennen, um daraufhin Regeneration einzuleiten. Zu ihnen gehören Planarien, eine Gattung der Plattwürmer, von denen einige sogar in der Lage sind, einen ganzen Kopf samt Gehirn nachwachsen zu lassen. Mit welchen Mechanismen Planarien und andere regenerationskompetente Tiere auf unterschiedliche Arten von Verwundungen reagieren, um sie entweder nur zu verschließen oder einen verloren gegangenen Teil gleich neu zu bilden, ist bis heute ein Geheimnis.
„Wenn wir verstehen, wie manche Tiere den Regenerationsprozess aktivieren und stabilisieren, können wir daraus wichtige Erkenntnisse ziehen und eines Tages hoffentlich auch die Regeneration beim Menschen ankurbeln“, sagt Kerstin Bartscherer, Max-Planck Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut (MPI) für molekulare Biomedizin. „Dazu sind Tiermodelle und vergleichende Studien unerlässlich. Mit dem vom Europäischen Forschungsrat geförderten Projekt wollen wir die zellulären und molekularen Mechanismen erforschen, die die Regeneration von verletzten oder verloren gegangenen Körperteilen induzieren, und die Blockaden aufspüren, die erfolgreiche Regeneration verhindern.“
Dazu wird Kerstin Bartscherer Plattwürmer und Zebrafische benutzen, die im Gegensatz zu uns Menschen amputierte Körperteile schnell und narbenlos ersetzen können. „Die Stärke unseres Projektansatzes liegt in der einzigartigen Kombination von regenerativen Modellorganismen mit neuesten Technologien“, sagt Bartscherer.
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, kurz ERC) fördert ausschließlich höchst innovative Forschungsvorhaben von herausragenden Spitzenforschern. „Gute Forschung braucht immer ein inspirierendes und kollaboratives Umfeld – und das ist hier vorhanden: das MPI für molekulare Biomedizin arbeitet auch intensiv mit den Instituten der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und dem Exzellenzcluster ‘Cells in Motion’ zusammen “, schätzt Bartscherer den Forschungsstandort Münster. Der Grant an Bartscherer belegt ein weiteres Mal Münster als Standort für europäische Spitzenforschung und stärkt die hiesige Regenerationsforschung: 2015 bewilligte der Europäische Forschungsrat bereits einen ERC Advanced Grant zur stammzellbasierten Regeneration an Max-Planck Direktor Hans Schöler und in 2013 einen zur Erforschung von Blutgefäßen und deren Bedeutung bei der Knochenneubildung an Max-Planck Direktor Ralf Adams. Außerdem erhielten MPI Forschungsgruppenleiter Sebastian Leidel (2012), Arndt Siekmann (2010) und Takashi Hiiragi (2007) schon einen der begehrten ERC Starting Grants.